Ich muss etwas ausholen. Mein Pferd gehört mir seit über 20 Jahren. Ich bekam in 4-jährig im Jahr 2003, dieses Jahr wird er 26. Es war mir immer wichtig, dass es ihm gut geht. Ställe mit täglichem Koppelgang, Sozialkontakt, gutes Futter etc.
Im Jahr 2015 war ich mit dem Studium fertig und wusste, dass ich in eine Großstadt ziehen würde. Nicht unbedingt pferdetauglich. Er stand zu der Zeit in einem ganz tollen Stall mit täglich Koppelgang in riesiger Herde. So glücklich habe ich mein Pferd noch nie gesehen! Es ging ihm klasse. Angeschlossen war eine gut geführte Reitschule und ich fragte, ob sie ihn übernehmen wollten. Wollten sie grundsätzlich auch. Dann aber begann er zu lahmen. Diagnose: Hufrollenentzündung. Ich hatte das halbe Jahr davor nicht viel Zeit gehabt und er war auf der Weide schlicht zu dick geworden. Also keine fiese Sportverletzung oder so – schlicht zu dick wegen zu viel Freizeit. So wurde er natürlich nicht übernommen. Schade, denn ich bin mir sicher, es wäre ein guter Platz für ihn gewesen. Klar, Reitschule ist anstrengend, aber diese war wirklich gut geführt und alle Pferde dort sahen top aus!
Ich holte das Pferd also wieder in meine Nähe, also in Umgebung der Großstadt. Seid dieser Zeit, also seit 10 Jahren, ist es so, dass ich nicht täglich zum Pferd kann. Die Wege sind einfach zu weit. Das Pferd steht in Ställen mit Vollpension, ich besuche es 2-3x die Woche. Die Hufrollenentzündung heilte aus, Pferd war nach ca 1 Jahr wieder reitbar. 2018 folgte ein Fesselträgerschaden. Auch diesen kurierte ich aus. 2 Monate stand er in der Box – ich fuhr jeden Tag in den 35km entfernten Stall um abends im Dunkeln bei Schneeregen mein Pferd spazieren zu führen. Blutegel wurden angesetzt. Es heilte, nach ca 6 Monaten begann ich wieder zu reiten. Es heilte super ab, er war wieder gut reitbar. 2022 fing es dann an mit Kreislaufproblemen. Er kippte an heißen Tagen abends in der Box einfach um. Die Tierärztin meinte, Zähne machen. Diagnose EOTHR, alle Schneidezähne wurden extrahiert. Die OP lief gut und ich muss zugeben, ich bin erstaunt, WIE gut es geheilt ist. Ging rasend schnell und er frisst nun auch wieder Gras auf der Weide! Ein halbes Jahr später verlor er ein Eisen. Klar, das kann immer mal passieren. Leider hat er sich eine Lederhautentzündung zugezogen. 3 Wochen Boxenruhe, Hufverbände. Ich hatte inzwischen ein Kleinkind, welches nicht sonderlich begeistert von den täglichen Autofahrten zum Stall war… Mit teils brüllendem Kind versorgte ich noch irgendwie das Pferd. Es war ein riesen Stress für mich.
Auch das ist überstanden. Inzwischen sind wir umgezogen. Das Pferd habe ich nun in Rente geschickt. Freiwillig, er wäre noch reitbar, aber ich habe nicht die Zeit, ihn fit zu halten. Reitbeteiligung möchte ich nicht mehr, er ist nicht ganz einfach und hat inzwischen auch keine ordentlichen Muskeln mehr. Es wäre unfair ihm gegenüber. Das Pferd steht in einem Rentnerstall in Boxenhaltung mit Einzelkoppel. Im Sommer wunderschön, im Winter eher sehr langweilig. Da kommen sie nicht so viel raus. Immerhin, der Stallbetreiber stellt jedes Pferd täglich 1h in die Bewegungshalle. Ich würde ihm mehr Gesellschaft wünschen, aber das ist die beste Lösung, die ich finden konnte. Offenstallhaltung klappt nicht bei ihm, bzw es müsste ein super guter sein. Wenn es besser sein soll, müsste ich dafür hier in der Gegend mindestens 540€ zahlen. Das kann ich mir aber schlicht nicht leisten! Momentan zahle ich etwa 320€ im Monat für das Pferd (mit Schmied). Ich komme 2-3x die Woche tüddle ihn. Soweit so gut.
Wenn es so bleibt, darf er gerne noch 10 Jahre so weiter leben. Alles fein.
Was mich aber beschäftigt – was kommt, wenn die Backenzähne nicht mehr mitmachen? Schon nach der Zahn-OP fing die Tierärztin an, dass man ja noch Heucobs füttern könnte. Abgesehen davon, dass er die damals angebotene Heucob-Pampe nicht fressen mochte, muss ich auch zugeben, dass ich das einfach nicht will!
Wenn die Zähne mal nicht mehr mitmachen, müsste man täglich laut TA mindestens 5kg Heucobs füttern. Geht man von Kosten von 1€/kg aus, was an sich nicht reicht, so wären das allein schon 150€ im Monat. Abgesehen davon aber müsste ich dann täglich zu Stall, den die Aufbereitung von Heucobs (Einweichen/Füttern) bedeutet Mehraufwand, der verständlicherweise nicht übernommen würde.
Ich sage es ehrlich, dass kann und will ich nicht leisten! Und ich will auch niemand anderen fragen, ob er/sie mir hilft. Denn ich kann nicht zurück helfen. Und ich bin auch ehrlich gesagt der Meinung, dass es nun langsam gut sein muss!
Ich habe 22 Jahre lang immer dafür gesorgt, dass es dem Tier gut ging. Aber ich habe 2 kleine Kinder daheim, ich arbeite Teilzeit und ich habe weder das zusätzliche Geld für Heucobs noch die Zeit, täglich zum Stall zu fahren.
Leider gewinne ich inzwischen immer mehr den Eindruck, dass Tierärzte sich weigern, Pferde einzuschläfern, solange noch irgendwas gemacht/behandelt werden kann. Ich habe tatsächlich schon mit der Zahn-OP ziemlich gehadert. Als ich das Pferd vor 22 Jahren bekam, gab es die Diagnose EOTHR nicht. Wenn das Pferd nicht mehr fressen konnte, wurde es eingeschläfert und fertig. Inzwischen ist so viele möglich. Und ich habe den Eindruck, es wird daraus eine Spirale – was möglich ist MUSS auch gemacht werden. In den letzten 2 Jahren hat mich mein Pferd mit seinen Kreislaufkoliken, der Zahn-OP und der Huflederhautentzündung an die 10000€ Tierarztkosten gekostet. Meine finanziellen, aber vor allem auch meine nervlichen Ressourcen sind erschöpft. Ja, im Moment ist Ruhe. Aber wie lange?
So gemein es klingt, ich habe fast den Eindruck, dass ich damals mit dieser Zahn-OP den Absprung verpasst habe und nun in der Behandlungsspirale gelandet bin. Das versauert mir die Sache.
Ich will meinem Pferd wirklich nichts Böses, aber ich denke mir, es muss doch auch irgendwann mal gut sein? Ich habe keine Kosten und Mühen gescheut und er ist 26 Jahre alt geworden trotz Krankheiten, bei denen ihn in freier Wildbahn der Wolf gefressen hätte. Man hat so gut behandelt, dass man nun in Gefahr läuft, da bald mit einem tierischen Pflegefall dazustehen. Muss das sein und ist man als Besitzer dazu verpflichtet, das alles mitzumachen?
Pferd abgeben ist an sich keine Option- ich will die Verantwortung nicht abwälzen. Und verkaufen ist mit der Vorgeschichte nun wirklich keine Option. Ich will aber auch nicht das Geld, das ich für meine Altersvorsorge zurückgelegt habe in einen tierischen Pflegefall stecken, nur damit irgendwelche Tierärzte sich vor der Verantwortung drücken können und noch mehr Geld mit mir verdienen können. Die müssen ja nicht täglich hin und sie zahlen auch nicht die Heucobs, die sie da so fleißig empfehlen…
Meine Fragen daher ganz konkret: Zu was bin ich verpflichtet? Hätte ich die OP auch verweigern können? Ich hatte damals den Eindruck, dass das nicht ging, fühlte mich diesbezüglich von der Tierärztin aber auch nicht gut beraten. Aus meiner Sicht hätte man ihn, wenn man nicht operiert hätte, einschläfern müssen, da er wegen Schmerzen nicht mehr richtig trank und abmagerte und ständig Kreislaufproblene hatte. Und nachdem ich das jetzt schon gemacht habe – muss man Heucobs füttern, wenn das Pferd Heu nicht mehr richtig kauen kann?
Quelle: pferd.de