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Der Traum vom eigenen Pferd und der Respekt davor, ihn sich zu erfüllen

Hallo, ich muss mir hier mal was von der Seele schreiben, ohne konkret zu wissen, welche Art von Rat ich mir erhoffe. Aber vielleicht kann sich jemand in meine Situation hineinversetzen.

ich werde dieses Jahr 30 Jahre alt und träume seit ich mit 9 Jahren angefangen habe zu reiten von einem eigenen Pferd. Seither hatte ich viele Reitbeteiligungen, Pferde zum Mitreiten, Anreiten, Ausbilden, unerfahrene und erfahrene Pferde, große und kleine – denn finanziell war ein eigenes Pferd nie drin. Ich würde mich als durchschnittliche Reiterin auf A-Niveau bezeichnen, ohne je A auf Turnier geritten zu sein. Ich bin selbstreflektiert, habe schon immer Unterricht genommen bei verschiedenen Trainern und bin mit gesundem Respekt, aber keiner Angst vor dem Pferd ausgestattet. Ich kann unsicheren Pferden Sicherheit geben und habe meiner Meinung nach früh gelernt, wie streng und konsequent man einerseits mit Pferden sein muss und wie viel man ihnen ihren Charakter/ihre Makel andererseits auch lassen muss. Gerade als RB natürlich bei zB verzogenen Pferden, wo es keinen Sinn macht, gegen die Besitzer zu arbeiten. Ich kenne mich mit Stallarbeiten, Fütterung und Wundversorgung aus. Ich will damit sagen: ich bin prinzipiell dafür geeignet, ein eigenes Pferd zu besitzen, denke ich.

Mittlerweile bin ich in einem Job angekommen, mit dem ich mir in circa einem Jahr ein Pferd leisten könnte – finanziell und zeitlich – und gleichzeitig wächst die Sorge davor, dass dieser Traum zum Albtraum werden könnte.

Ich weiß:
– die Kosten rund ums Pferd können jederzeit explodieren
– man kommt weniger zum reiten, weil das Pferd vielleicht ein Montagsmodell ist
– es ist ein Unterschied, ob ich 3-4 mal die Woche zum Stall fahre oder 7-mal
– ich trage die alleinige Verantwortung für die Gesundheit meines Tieres
– und damit kann ich bis auf Trainer auch niemanden sonst fragen, wie ich mit dem Pferd auf einen grünen Zweig komme, wenn der gemeinsame Weg holpriger startet als angenommen
– wenn ich zB einen schweren Unfall mit einem Pferd hätte (ich hatte noch keinen schweren Reitunfall in meinem Leben) könnte sich das mit der Angst bei mir evtl. ändern

Warum will ich trotzdem ein Pferd: Ich erarbeite mir (mit Hilfe) alleine etwas mit meinem Pferd und alles wird so gemacht wie ich es möchte, ich treffe die Entscheidungen und ich erlaube mir, mich auch emotional an das Tier zu binden. Wenn ich RB bleiben würde werde ich mir irgendwann vorwerfen, es nie versucht zu haben.

Und dennoch: Ich zerdenke dieses Thema so dermaßen und habe schon 14958mal alles hoch und runter gerechnet, ob es denn finanziell auch klappen würde. Ja, wenn das Pferd künftig monatlich 500 Euro Tierarztkosten produzieren würde, dann würde es Einbußen zB beim Urlaub für mich bedeuten (der steht mit eigenem Pferd eh erstmal hinten an, bis ich Betreuung gefunden habe). Aber es ist ja realitätsfern, immer vom schlimmsten auszugehen.

Und trotzdem zerdenke ich das Thema weiter. Zu meinen Zweifeln gehört auch: Ich habe mich in Stallgemeinschaften bisher meist nicht sehr wohl gefühlt, häufig ist man als RB auch eher zweite Garde, aber der Schlag Mensch hat mir häufig nicht so gepasst. Ich habe in den zwei potenziellen Ställen, die bei einem eigenen Pferd in Frage kommen würden, dennoch jeweils ein paar Ansprechpartner zum Ausreiten etc. oder die mir mal mit Rat und Tat zur Seite stehen wenn ich nicht weiter weiß.

Was mir dennoch Sorge bereitet, ist, dass ich noch keine gefestigte Infrastruktur habe. Aufgrund diverser Umzüge in den letzten 10 Jahren und auch wechselnder Reitbeteiligungen. Theoretisch habe ich eine Physiotherapeutin die auch Bodenarbeit mit Pferden macht, eine Dressurtrainerin und einen Springtrainer an der Hand. Die kommen aber alle von extern, könnten mir also nicht täglich mit dem Pferd helfen. (Eigentlich suche ich dann aber auch ein mind. gut angerittenes Pferd, das ich eben auch mehrmals die Woche bereits alleine sinnvoll arbeiten kann). Aber: ich stehe diesen Trainern nicht so nah, dass ich sie mit auf die Suche nach einem Pferd nehmen könnte.

Bei meiner jetzigen Reitbeteiligung komme ich 3-5 mal die Woche und wenn es eher 5mal sind, dann ertappe ich mich dabei, dass ich an zwei dieser fünf Tage mitunter auch mal eher „schnell, schnell” alles mache. Unterbewusst ist da immer das Gefühl „wenn es dein eigenes wäre und nur du allein wärst dafür zuständig, würdest du noch viel mehr Zeit am Stall verbringen”. Bei meiner RB mache ich das auch aus dem Grund nicht, weil ich mich emotional nicht binden will und fast auch schon nicht mehr kann, weil es natürlich in den ganzen Jahren auch viele Rückschläge mit RBs gab. Aber vielleicht mache ich mir da auch was vor und 7 Tage die Woche in den Stall würden mich auch bei einem eigenen Pferd doch stressen?

Dann kreisen meine Gedanken um:
– die Stallsuche mit Warteliste und dann Zahlung der Leerbox, wenn das eigene Pferd bis dahin noch nicht gefunden ist
– die Schmiedsuche
– die Tierarztsuche (auch für die AKU, wenn das Pferd ganz woanders steht als ich wohne)
– die Sattelsuche – das Pferd kommt an und ich habe erstmal keinen Sattel. Es ist doch denkbar ungünstig, dann erstmal wochenlang bis zum Sattlertermin nur am Boden „rumzudümpeln” (überspitzt, ich weiß dass man ein Pferd sinnvoll am Boden arbeiten kann)? Ich suche ein Reitpferd und ein solches wird dann ja auch seine Routinen haben, die ich mit sowas nicht unterbrechen will.
– die Pferdesuche: tatsächlich habe ich mir schon zwei Pferde angeguckt und bei beiden dachte ich ja, das könnte gut passen, aber es waren einfach zu wenig Emotionen da? Ich habe es einfach nicht gefühlt. Bin ich da einfach schon so abgestumpft?
– das große Ganze: Wie wird es mit GOT und Verteuerungen bei Versicherungen weiter laufen? Wie erwünscht ist Pferdehaltung in Zukunft noch oder wie viel teurer wird das noch? Ist mein Job sicher genug?

Die Entscheidung für ein Pferd ist nunmal eine Lebensentscheidung, und ich möchte dem Tier natürlich gerecht werden. Ich weiß, auch ein Verkauf darf sein, aber das wäre für mich egal aus welchem Grund wie ein großes Scheitern.

Sorry, ich weiß es ist total wirr, aber klarer bekomme ich meine Gedanken einfach nicht sortiert. Ich bin einfach so verkopft und denke ich könnte mir eigentlich selber mal eine Lektion erteilen, indem ich aus dem Bauch heraus ein Pferd kaufe. Aber ich könnte damit natürlich auch auf die Schnauze fliegen, wenn es doof läuft.

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Quelle: pferd.de