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Nutztiere vs. Haustiere – Empathie und die Folgen

Auf die Gefahr hin, dass es einige gibt, die kein Verständnis oder auch keine Lust auf eine derartige Diskussion haben, vielleicht gibt es ja trotzdem den ein oder anderen, den da auch was umtreibt und der sich austauschen möchte. Mich beschäftigt nämlich mal wieder die oben genannte Thematik :(.

Ich mag dazu erläutern, was ich meine: in meinem Beruf habe ich viel mit Landwirtschaft zu tun, allerdings hauptsächlich theoretisch. Ich esse Fleisch und andere tierische Produkte, gebe mir aber tatsächlich die Mühe, sehr genau auf die Herkunft zu achten. Das Fleisch kommt ausschließlich von zwei Höfen in der Umgebung, deren Haltung ich mir angeschaut habe. Der eine ist ein Biobetrieb, der andere nicht. Ich esse nur Rindfleisch und Geflügel. Eier stammen entweder ebenfalls von besagten Höfen oder vom Reitstall, wo die Hühner quasi im Familienverband leben. Fisch esse ich auch, hier achte ich allerdings weniger auf die Herkunft – warum weiß ich nicht, vielleicht Bequemlichkeit, vielleicht weil ich dazu einfach weniger empathischen Bezug habe :zuck:.

Ich bin Pferdebesitzerin und hatte in meinem Leben auch schon einige andere Haustiere. Hier achte ich natürlich sehr auf das Wohl des Tieres in meiner Obhut.

Während meines Landwirtschaftstudiums habe ich zeitweise sehr unter dem Gedanken gelitten, dass Nutztiere in unserer Gesellschaft stark ausgebeutet werden. Ich weiß, dass ich das nicht erklären muss, aber ich schreibe mal kurz was ich meine am Beispiel Milchviehhaltung: Kühe bekommen Kälber, damit das System funktionieren kann. Die Kälber werden nach wenigen Tagen (konv.) bzw. Wochen (Bio) der Mutterkuh entzogen und bekommen künstlichen Milchersatz (konv.) oder Muttermilch (Bio), allerdings von beidem wenig, damit sich das Geschäft auch lohnt. Dementsprechend sind die Kälber sehr dünn, bis sie in der Lage sind feste Nahrung aufzunehmen. Wer einmal das Absetzen erlebt hat weiß, welch Stress das ist. Dieses Gebrüll über Stunden oder gar Tage von beiden Seiten ist ziemlich herzzerreißend. Hinzu kommt, dass die weiblichen Kälber aufgezogen werden, um ebenfalls in die Milchproduktion einzusteigen, ergo etwa 5 Jahre Hochleistungsarbeit des überzüchteten Organismus; wer sich eine laktierende Milchkuh mal anschaut, sieht wie ausgelutscht die heutzutage aussehen. Ziemlich gruselig. Die männlichen Kälber gehen in die Mast, mit Glück in Freilandhaltung. Bei manchen männlichen Kälbern lohnt es sich allerdings nicht, also werden sie direkt „verwertet“. Je nach Produktionsart kommen mache Kühe auf die Weide, manche allerdings auch nie. Fast alle Milchkühe werden als Kälber enthornt, üblicherweise mit Brennstab; es sei denn, sie sind genetisch hornlos (ein Bruchteil). In konventioneller Erzeugung ist hierbei nicht mal eine Betäubung notwendig, geschweige denn ein Tierarzt.

So. Und nun stehe ich da. Milch vertage ich sowieso nicht, da bin ich also raus, aber Käse esse ich sehr gerne. Kann das aber nur, solange ich nicht darüber nachdenke. Oft gelingt es mir, manchmal bricht es aber durch und ich leide regelrecht unter dem Wissen, dass es eine ziemlich unschöne Industrie ist, von der ich da profitiere.

Das ganze hat mich während meines Studiums so sehr beeindruckt, dass ich vegan wurde (vorher vegetarisch). Allerdings hatte ich durchaus meine Schwierigkeiten damit, meinem Körper alle nötigen Nährstoffe zuzufügen. Vielleicht habe ich mich nicht ausreichend damit befasst, aber es ging mir nach ca einem Jahr nicht mehr gut und ich wurde wieder zum Vegetarier. Mittlerweile esse ich ja auch wieder ausgewähltes Fleisch, siehe oben.

Ich denke als Pferdehalter haben wir vielleicht eine stärkere Empathie gegenüber Großtieren und bestimmten Haltungsaspekten als viele andere. Ich habe durch meinen Beruf und auch das Studium vielleicht auch noch mehr Einblick in die tatsächlichen Abläufe der Viehwirtschaft, jedenfalls fällt es mir schwer, da einen vernünftigen Umgang mit zu finden.

Geht es Euch manchmal auch so? Wie handhabt Ihr solche Krisen? Einfach Augen zu und durch bis es wieder vergessen ist? Oder habt Ihr da gar keine Skrupel, weil Nutztiere nun mal Nutztiere sind und ohne diesen Nutzen auch gar nicht geboren werden? Habt Ihr überhaupt empathische Empfindungen gegenüber Nutztieren oder bin ich da überempfindlich? Ist das alles einfach unumgänglich in unserer Gesellschaft in der nunmal so viel Milch nachgefragt wird, dass diese Industrie nicht tiergerechter funktioniert? Muss man sich damit abfinden, denn ändern kann man eh nix? Sollte man versuchen im eigenen Rahmen soviel zu einer Änderung beizutragen wie möglich? Wenn ja, wie?

(btw. Congrats for reading, wurde ja doch recht lang 😉 )

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Quelle: pferd.de